Yesa-Stausee - Das ökologische Gewissen schlägt Alarm
Nach dem extrem trockenen Sommer herrschen im September 2022
auch im sonst eher feuchten und wasserreichen Deutschland extreme Dürre und
niedrige Pegelstände in Flüssen. Auch in Frankreich und Spanien ist in den
meisten Flüssen fast kein Wasser mehr.
Und so bietet der Yesa-Stausee zunächst eine erfreuliche
Abwechslung. Die Talsperre wird vom Aragón und mehreren Nebenflüssen, darunter
dem aus Richtung Norden zufließenden Esca, gespeist und
hauptsächlich in den Monaten Oktober bis Manfred aufgefüllt, wobei die
Talsperre dem Hochwasserschutz dient.
In der Trockenperiode von Juni bis September liefert der
Stausee das erforderliche Wasser für die Bewässerung von landwirtschaftlichen
Flächen. Und weil der Anbau von Obst und Gemüse enorme Mengen an Wasser
verbraucht, ist ein Großteil des Stausees Anfang September komplett
ausgetrocknet.
Es ist ein Unterschied, ob man solche Bilder im TV sieht
oder an einem zum großen Teil ausgetrockneten 18 km langen Stausee entlang
fährt, der uns das enorme Ausmaß der lang anhaltenden Dürre deutlich macht, die
auch in Deutschlang ein zunehmendes Problem wird. Die spärlichen Überreste von
Wasser - nicht mehr als größere Pfützen in einem 2.089 Hektar großen Areal –
machen das Ganze noch schlimmer.
Unser ökologisches Gewissen schlägt Alarm
Wir zweifeln wieder einmal die komplette Reise an. Ausnahmsweise
schlagen uns nicht enge und kurvenreiche Straße auf die Stimmung - wir fahren
auf der gut ausgebauten N240, die später in die Autobahn A21 übergeht – sondern
unser ökologisches Gewissen. Müssen wir wirklich 1.400 km weit fahren in ein
Land, das ohnehin unter enormem Wassermangel leidet, wenn wir ähnliche
Landschaften fast vor der Haustüre haben? Müssen wir überhaupt noch so weit
wegfahren und mit unseren Fernreisen den Klimawandel noch weiter befeuern?
Daheim fahren wir mit unserem 16,5 Jahre alten Auto im
Schnitt 3.400 km im Jahr. Auf unserer Reise legen wir fast 5.000 km zurück. Und
wir fragen uns: Macht es Sinn, zu Hause weitgehend aufs Auto zu verzichten,
regionale und saisonale Produkte auf dem Markt zu kaufen, außerhalb der Saison
auf Tomaten und Erdbeeren aus Spanien oder anderen südlichen Ländern zu
verzichten, immer eine Einkaufstasche und – soweit möglich – wiederverwendbare
Behälter mitzunehmen, um Verpackung zu sparen, Leitungswasser statt abgepacktem
Mineralwasser zu trinken, wenn wir unsere ganzen Bemühungen mit einer einzigen
Fernreise zunichtemachen? Und das auch noch in einem Land, das ohnehin kein
Wasser hat?
Verdammt nochmal! Da haben wir endlich ein Gebiet erwandert,
das wirklich Spaß gemacht hat, können uns auf die Wanderung im Ordesa
Nationalpark freuen und sind wir auf einer gut ausgebauten Straße unterwegs und
müssen nicht ständig Kurven fahren und Angst haben, dass von der anderen Seite
ein anderes Auto kommt und uns zu einem waghalsigen Bremsmanöver oder zum
Zurückfahren zwingt, weil man vielleicht nicht aneinander vorbeikommt. Und dann
ist man mit diesem erschreckenden Anblick konfrontiert, der uns die Folgen des
Klimawandels nur allzu deutlich vor Augen hält.
Ganz ehrlich: Diese Reise ist eine absolute Achterbahnfahrt
und macht einfach keinen Spaß! Aber nur daheim sitzen bringt’s auch nicht.
Dafür sind wir einfach noch zu jung. Und so lassen wir den Yesa-Stausee – bzw.
das, was noch davon übrig ist – hinter uns und steuern auf einen weiteren
landschaftlichen Höhepunkt zu, das Valle de Ansó.